Urlaub ohne Ausbeutung

Beschäftigte wehren sich gegen schlechte Arbeitsbedingungen in einem Weddinger Hostel

Von Jérôme Lombard  17.02.2014 Berlin / Brandenburg
Der Tourismus-Boom in Berlin hat auch viele Schattenseiten: Lohndumping und prekäre Arbeitsverhältnisse gehören für viele Arbeitnehmer im Gastro- und Hotelgewerbe zum Alltag.

Ein Stundenlohn von 65 Cent, fristlose Kündigung bei freigenommenen Tagen, Schimmel an den Wänden. Für die Angestellten des Hostels »Amadeus« in der Weddinger Brunnenstraße sind diese desaströsen Bedingungen Teil ihres Arbeitsalltages. Ehemalige und aktive Hostelangestellte wollen dies nun nicht länger kritiklos hinnehmen. Sie haben sich daher kurzerhand zusammengeschlossen, um so die Öffentlichkeit über ihre prekäre Lage zu informieren.

Am vergangenen Sonnabend hatte die »Initiative gegen die Ausbeutung bei Amadeus Hostel« zu einer Kundgebung vor der Jugendherberge aufgerufen. Die rund 100 meist jungen Demonstranten hielten Transparente mit Aufschriften wie »Für Euch ist es Urlaub – für uns ist es Ausbeutung« in die Höhe. Unterstützer verteilten Flyer mit Informationen über die Arbeitsverhältnisse an Passanten. »Die Bedingungen bei Amadeus sind absolut katastrophal. Für viele Stunden harte Arbeit verdiente ich im Monat nie mehr als 100 Euro. Arbeitsverträge gab es nur auf mehrmalige Nachfrage und zu miserablen Konditionen«, erklärt eine ehemalige Angestellte, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

So wie die junge Frau aus Frankreich stammt die Mehrheit der Hostelangestellten aus EU-Mitgliedsstaaten. Mit Internetannoncen locken Jugendherbergen speziell diese Personengruppe mit auf den ersten Blick attraktiven Angeboten. Für ein wenig Arbeit im Haus wird Interessierten freie Kost und Logis versprochen. Tatsächlich winken vor Ort schlechte Löhne und Akkordschichten. Dabei betreibt das Hostelmanagement des »Amadeus« nicht nur eine auf maximale Kostenreduzierung ausgerichtete Geschäftsstrategie, sondern zumindest in der Vergangenheit auch eine diskriminierende Personal- und Gästepolitik.

So berichten mehrere ehemalige Angestellte, dass sie wiederholt Anweisung vom Manager bekamen, Menschen aus Rumänien, Bulgarien und Israel keine Zimmer zur Verfügung zu stellen. Auch Jobangebote galten für Bürger dieser Staaten offenbar nicht. »Bei dem Amadeus-Hostel handelt es sich sicherlich um einen besonders krassen Fall«, erläutert Christoph von der Berliner Erwerbsloseninitiative »BASTA!«, die den Protest der Hostelangestellten unterstützt. Von einem Einzelfall könne aber dennoch keine Rede sein. »In unsere Beratungsstunden kommen viele Menschen aus dem Gastronomie- und Tourismusbereich, die ganz ähnliche Geschichten erzählen«, so der Aktivist.

Tatsächlich appellieren die Hostelangestellten mit ihrem Protest auch an die Berliner Landespolitik. So müssen dringend Lösungen gefunden werden, wie die Menschen, die den für Berlin wirtschaftlich so wichtigen Tourismusbetrieb ermöglichen, auch angemessen an den Gewinnen beteiligt werden können.

 

http://www.neues-deutschland.de/artikel/924280.urlaub-ohne-ausbeutung.html

BASTA unterstützt Ex-Beschäftigte des Amadeus-Hostels und fordert: Zugang zu existenzsichernden Soziallesitungen für alle

Heute Nachmittag versammelten sich über 100 Menschen vor dem Hostel Amadeus in der Brunnenstraße 70 in Berlin Mitte. Auf Schildern, Transparenten und Postern wurden die Arbeitsbedingungen und der offene Rassismus sowie Antisemitismus der Geschäftsführung thematisiert. Nach einer kurzen Kundgebung zieht ein großer Teil der anwesenden Menschen spontan in das Hostel und besetzt symbolisch das Gebäude. Ein kurzer Bericht und eine Einschätzung aus Sicht der Berliner Erwerbsloseninitiative BASTA.

„Für euch ist es Urlaub für uns ist es Ausbeutung“ rufen die Angestellten und ihre Unterstützer_innen bei der Kundgebung vor dem Amadeus Hostel in der Brunnenstraße am Samstag Nachmittag. Mehr als 100 Menschen sind zusammengekommen, um die Arbeitsbedingungen und den offenen Rassismus dieser Firma öffentlich zu machen. Sie erhalten Löhne zwischen 65 Cent und vier Euro die Stunde, werden mit Praktikums- statt Arbeitsverträgen ausgestattet und willkürlich auch wieder gefeuert. Der Geschäftsführer verlangt von den Angestellten, Menschen aus Rumänien, Bulgarien und Israel generell den Zutritt zum Hostel zu verweigern. (Blog der Initiative)

Doch nicht nur das Hostel steht am heutigen Tag im Fokus, auch die Praxis der Jobcenter soll hier öffentlich gemacht werden.

Erst war es einer und dann kamen immer mehr Menschen aus verschiedenen Ecken Europas in die Sozialberatung der Erwerbsloseninitiative BASTA. Eine Aktivistin der Initiative sagt dazu: „Mit Job und ohne Arbeitsvertrag werden die Beschäftigten vom Jobcenter nicht als Aufstocker_Innen anerkannt und müssen von 100€ Hungerlohn im Monat leben. Nach der Kündigung werden ihnen die Leistungen erneut verweigert, da sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen. Für Menschen aus der EU ohne deutschen Pass stellt Erwerbsarbeit aber eine Bedingung für den Bezug von ALG II dar. Wir fordern uneingeschränkten Zugang zu Sozialleistungen für alle, unabhängig vom Pass oder ähnlichem Quatsch.“

Seit dem Versuch Deutschlands, das Europäische Fürsorgeabkommen einseitig außer Kraft zu setzen, suchen immer mehr Menschen aus dem europäischen Raum Unterstützung im Umgang mit dem Jobcenter in der Erwerbslosenberatung BASTA. Das sogenannte Fürsorgeabkommen organisierte den Zugang zu Sozialleistungen im westeuropäischen Raum seit den 50er Jahren und garantierte so Menschen eine Existenzgrundlage, die ihren Lebensmittelpunkt in Europa veränderten.

Während der Stammtisch über „Sozialtourismus“ und „Armutsmigration“ fabuliert, wird Menschen pauschal die Existenzgrundlage entzogen. Die Jobcenter sind mitverantwortlich für die Umsetzung dieser Festungsmentalität. Das Jobcenter verweigert den Zutritt von nicht-deutschsprachigen Minijobber_Innen und somit die Antragsannahme mit Verweis auf die „Amtssprache“. Schafft es jemand mit selbstorganisierten Übersetzer_Innen die Eingangszone zu überwinden, werden sie konfrontiert mit unzähligen Formularen über ihre Migrationsgeschichte, einer verzögerten Antragsbearbeitung und stereotypen Unterstellungen von Schwarzarbeit. Schließlich werden die Anträge mit Verweis auf ihren fehlenden Arbeitnehmerstatus abgelehnt und es bleibt nur der Gang zum Sozialgericht, wo ihnen die Leistungen schließlich zugesprochen werden.

Die selbstorganisierte Erwerbslosen-Beratungsstelle BASTA im Wedding unterstützt die Betroffenen dabei, ihre ökonomischen Bedingungen zu verbessern und die Isolierung im Job und im Amt durch solidarisches Begleiten aufzubrechen. Ihr Plenums- und Beratungsraum hat sich zum politischen Ausgangspunkt für einige der ehemaligen Hostel-Angestellten entwickelt.

Kundgebung nach dem Verlassen des Gebäudes
Die Kundgebung wurde kurz in das Hostel verlegt.

 

Fensterfront der Rezeption

http://basta.blogsport.eu/2014/02/16/basta-unterstuetzt-ex-beschaeftigte-des-amadeus-hostels-und-fordert-zugang-zu-existenzsichernden-sozialleistungen-fuer-alle/

Protestkundgebung von entlassenen Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeitern des Amadeus Hostels

Unter dem Motto: „Für Euch ist es Ur­laub, für uns ist es Aus­beu­tung!“ fand am 15.​02.​2014 eine Kund­ge­bung vor dem Ama­de­us Hos­tel in der Brun­nen­stra­ße 70, 13355 Ber­lin statt. Die Kund­ge­bung wurde von einer Grup­pe ge­feu­er­ter, über­wie­gend eng­lisch­spra­chi­ger An­ge­stell­ten des Ama­de­us Hos­tels in­iti­iert, die u.a. von der Ber­li­ner Er­werbs­lo­sen­in­itia­ti­ve Basta! un­ter­stützt wurde. Au­ßer­dem be­tei­lig­ten sich an der Pro­test­ak­ti­on die Ber­li­ner FAU, DIE LINKE sowie un­se­re Ber­li­ner IWW-​Orts­grup­pe.


Wie die Be­trof­fe­nen sag­ten, wur­den sie ge­feu­ert, weil sie nicht mehr län­ger be­reit sind, zu sit­ten­wid­ri­gen Hun­ger­löh­nen (zwi­schen 0,65 € / h und 4,50 € / h) bei Ar­beits­zei­ten bis zu 12 Stun­den und ohne Ar­beits­ver­trä­ge zu schuf­ten. Wie die be­trof­fe­nen Kol­le­gIn­nen und Kol­le­gen wei­ter er­zähl­ten, waren sie dazu an­ge­hal­ten, Men­schen aus Bul­ga­ri­en, Ru­mä­ni­en und Is­ra­el den Zu­tritt zum Hos­tel zu ver­wei­gern.

Weil sich diese ehe­ma­li­gen Mit­ar­bei­ter und Mit­ar­bei­te­rIn­nen des Ama­de­us Hos­tels gegen sol­che ras­sis­ti­schen Vor­ga­ben wehr­ten und sich diese mi­se­ra­blen Ar­beits­be­din­gun­gen nicht län­ger ge­fal­len las­sen woll­ten, wur­den sie kur­zer­hand von einem Tag auf den an­de­ren ent­las­sen. Da sie ge­feu­ert wur­den, ver­wei­gert das Job Cen­ter ALG II, so dass die ent­las­se­nen Kol­le­gIn­nen und Kol­le­gen in ihrer Exis­tenz durch Woh­nungs-​ und Er­werbs­lo­sig­keit be­droht sind. Die be­trof­fe­nen Kol­le­gIn­nen und Kol­le­gen wol­len das nicht hin­neh­men und for­dern:

– Löhne zum Leben
– un­ein­ge­schränk­ten Zu­gang zu So­zi­al­leis­tun­gen
– Wohn­raum für alle

AmadeusEX1

 

http://iwwberlin.blogsport.de/2014/02/15/protestkundgebung-von-entlassenen-lohnarbeiterinnen-und-lohnarbeitern-des-amadeus-hostels/

“Für euch ist es Urlaub – für uns ist es Ausbeutung!” Kundgebung am Hotel Amadeus

 

http://www.die-linke-im-wedding.de/2014/02/fuer-euch-ist-es-urlaub/

Urlaub machen, wo andere sich ausbeuten

Protest – Ehemalige Angestellte eines Hostels in Mitte demonstrieren gegen Lohndumping

17.02.2014

“Für euch ist es Urlaub – für uns ist es Ausbeutung” stand auf einen großen Schild, das am Samstagnachmittag auf einer Kundgebung vor dem Hostel Amadeus in der Brunnenstraße 70 getragen wurde. Rund 70 TeilnehmerInnen – ehemalige Beschäftigte des Hostels und deren UnterstützerInnen – protestieren dort gegen ausbeuterische Arbeitsbedingungen in dem Hostel.

“Ich arbeitete täglich etwa acht Stunden an sechs Tagen in der Woche. Und am Monatsende erhielt ich für die Arbeit 100 Euro,” sagte ein ehemaliger Beschäftigter gegenüber der taz. Auch Nathan Letore aus Frankreich, zunächst zu Besuch in Berlin, landete im Amadeus-Hostel: “Wir suchten ein Zimmer, und im Hostel sagten sie uns, wir könnten hier leben und arbeiten.” Auch James aus Schottland kam so zu einem Job mit viel Arbeit und geringem Lohn: Er habe dort drei Monate für einen Stundenlohn von 0,65 Cent gearbeitet, berichtet er der taz.

Eine Frau, die mehrere Wochen an der Rezeption des Hotels gearbeitet hat, berichtet, dass sie von der Geschäftsführung beauftragt wurde, an TouristInnen aus Bulgarien, Rumänien und Israel keine Zimmer zu vermieten.

Mit einem Rundgang durch das Hostel endete die Kundgebung. Die TeilnehmerInnen waren überrascht, dass alle Türen offen und kein Mensch in dem Hostel war. Sie klebten Protestplakate an die Wände und befestigten an einem Fenster ein Transparent mit der Parole “Geld her”. Mehrere der ehemaligen Beschäftigten wollen ihre Lohnforderungen juristisch einklagen.

“Mit der Kundgebung sollen nicht die Arbeitsbedingungen im Amadeus-Hostel, sondern auch die Praktiken der Jobcenter öffentlich gemacht werden”, meinte Gitta Schulz von der Erwerbsloseninitiative Basta, die die Kundgebung unterstützte. Beschäftigte ohne Arbeitsvertrag würden von den Jobcentern nicht als AufstockerInnen anerkannt und seien so gezwungen, von den geringen Löhnen zu leben.

Die Initiative bekommt die Dringlichkeit des Problems zu spüren. “Immer mehr Menschen aus verschiedenen Ecken Europas kommen in unsere Sozialberatung”, berichtet Schulz. Auch die ehemaligen Amadeus-Beschäftigten nutzen die Basta-Räume zur Vorbereitung der Kundgebung.

Die Basisgewerkschaft FAU, die ebenfalls die Kundgebung unterstützte, will in der nächsten Woche vor verschiedenen Berliner Hostels an Beschäftigte Fragebögen über die Höhe der Löhne und die Arbeitsbedingungen verteilen. Sie hält die Zustände bei Amadeus für keinen Einzelfall. Die Geschäftsführung des Hostels gab bisher keine Stellungnahme zu den Vorwürfen ab. PETER NOWAK

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2014/02/17/a0140&cHash=8804a9efb3549b28ecc012a258ff093f